Mittwochsmarkt in Keszthely
Wenn man an einem kühlen Oktobermittwochmorgen gezwungen wird, das zerwühlte Liebesnest in der seenahen Villa in Keszthely zu verlassen, weil der Nescafé verbraucht ist, sollte man versuchen, das Beste daraus zu machen. Das bedeutet nicht, statt des Kaffees um diese Uhrzeit schon ein „Soproni“ am nahen Strandkiosk zu trinken (obgleich das natürlich jedermann freigestellt ist), sondern den Markt unterhalb des Rathausplatzes zu besuchen und nach jenem Stand Ausschau zu halten, der – ja, so etwas gibt es – Apfel-Walnuss-Blätterteig-Kuchen verkauft, für kleines Geld und ungeheuren Genuss.
Das Zeug kommt in fetten, quadratischen Stücken und sieht aus, als würde nicht mal der Hund es mögen. Dann aber – und die Konsistenz des saftigen Teiges, der gewichtig in der Hand liegt, bringt einen bereits auf unkeusche Gedanken – zerfliesst die Füllung nach dem ersten Biss, der eigentlich nur ein Schließen der Lippen mit Kuchen dazwischen ist, im Munde wie ein pubertärer Zungenkuss; diese wie brünstig tropfende, süße Matsche aus zu Tode gekochten Äpfeln, aus Nüssen, die im Obstsaft in nussferne Konsistenz geschmort wurden, mit Gewürzen, die Zimt und Vanille wie den Eischnee von gestern erscheinen lassen, unterstützt von einer ordentlichen Portion Schnaps, lässt den Unvorbereiteten beim eigentlich nicht erforderlichen Kauen in einer Weise seufzen, dass sich empfiehlt, den Genussgipfel etwas abseits stattfinden zu lassen, nicht dort, wo die Kinder spielen, sondern etwa dort drüben auf der Bank unter der Birke, wo bereits ein anderes Pärchen den Eindruck größten Behagens erweckt, indem es sich eins von den Teilen teilt.
Anschließend kann man dann zurück zum Markt gehen, sich noch ein paar ganz normale Dinge kaufen oder sich fragen, was nach einem solchen Auftakt mit dem Rest des Tages eigentlich noch geschehen soll?